
Sechs Städte und Kreise, ein Ziel: Kai Pohl (rechts) startet als Vertreter des Ennepe-Ruhr-Kreises gemeinsam mit Oberbürgermeister Uwe Richrath (Leverkusen) und Landrat Thomas Hendele (Kreis Mettmann) symbolisch das Telenotarzt-System "Bergisches Land".Foto: Feuerwehr Leverkusen/Dominik Scholz
Startschuss für den Telenotarzt
(pen) Um Menschen in medizinischen Notlagen zu helfen, arbeiten Notfall- und Rettungssanitäter sowie Notärzte an Einsatzstellen Hand in Hand. Im Ennepe-Ruhr-Kreis wird für diese Zusammenarbeit am Dienstag, 1. Juli, ein neues Kapitel aufgeschlagen. Mit dem Telenotarzt „Bergisches Land“ fällt der praktische Startschuss für ein System, in dem der Notarzt in bestimmten Situationen nicht mehr selbst am Einsatzort ist, sondern in einer Leitstelle arbeitet.
Ein Monat Probebetrieb
„Zusammen mit dem Kreis Mettmann sowie den Städten Remscheid, Solingen, Wuppertal und Leverkusen haben wir seit 2023 für dieses Vorhaben alle Vorbereitungen auf den Weg gebracht. Jetzt kann es in die Praxis gehen. Nach einer einmonatigen Pilotphase folgt Anfang Juli der Regelbetrieb“, erläutert Kai Pohl, Ärztlicher Leiter Rettungsdienst und Projektverantwortlicher im Schwelmer Kreishaus.
Notarzt weiter im Einsatz
Auch nach dem Startschuss wird bei schweren Erkrankungen oder Verletzungen weiterhin ein Notarzt auf den Weg geschickt werden. „Einsatz“ heißt es für die Telenotärzte von ihren Arbeitsplätzen in den Leitstellen in Leverkusen und dem Kreis Mettmann in weniger dramatischen Fällen, bei Verlegungsfahrten oder als zwischenzeitlicher Ansprechpartner für Notfallsanitäter, die vor Ort noch auf den Notarzt warten.
Zuschaltung auf Anforderung der Notfallsanitäter
„Ein typisches Einsatzszenario“, so Pohl, „ist die Gabe von Schmerzmitteln. Ab einer gewissen Dosierung sollen sie nur nach ärztlicher Verordnung gegeben werden. Hier kann sich der Telenotarzt auf Anforderung der Notfallsanitäter zuschalten, die Lage mitbeurteilen und die Entscheidung für ein wirksameres Medikament treffen.“ Hierfür steht er an seinem Computer per Kamera und Mikrofon nicht nur im Austausch mit den Einsatzkräften vor Ort, anhand von Bildern gewinnt er auch Eindrücke vom Zustand des Patienten. Zudem kann er dessen Vitalwerte in Echtzeit abrufen, analysieren und einschätzen.
Neue Technik in allen Rettungswagen
Um dies möglich zu machen, wurde in allen Kommunen weitere Technik in Rettungswagen eingebaut. Dazu zählen für das Übertragen von Gesprächen, Bildern und Vitaldaten unter anderem Kameras, Router und Antennen sowie entsprechende Steuerungselemente. Ebenso zählen zukünftig Headsets zur Ausstattung. „In der Startphase“, berichtet Pohl, „sind je teilnehmendem Kreis oder kreisfreier Stadt zunächst jeweils zwei Rettungswagen und ihre Besatzung für die Zusammenarbeit mit dem Telenotarzt ausgerüstet und geschult. Der weitere Ausbau erfolgt dann stufenweise.“
Technische Anpassungen in der Leitstelle in der siebten Etage des Schwelmer Kreishauses waren übrigens nicht notwendig – diese erfolgten ausschließlich an den Arbeitsplätzen der Telenotärzte in den Leitstellen des Kreises Mettmann und der Stadt Leverkusen. Von dort werden die Rettungskräfte aller beteiligten Kommunen unterstützt werden.
Stichwort Telenotarzt
Um dauerhaft eine qualitativ hochwertige und zuverlässige Notfallrettung zu gewährleisten und gleichzeitig eine Überlastung sowie Fehlalarme und unnötige Einsatzfahrten zu vermeiden, wird auch im Rettungsdienst zunehmend digitalisiert. In diesem Zusammenhang wurde der Weg für den Einsatz des Telenotarzt-Systems geebnet.
In Nordrhein-Westfalen wurde es vom Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales 2020 auf den Weg gebracht. Eine gemeinsame Absichtserklärung mit Vertretern der Krankenkassen, den kommunalen Spitzenverbänden sowie den Ärztekammern legte seinerzeit den Grundstein. In diesem Jahr soll das Telenotarztsystem in NRW flächendeckend in Betrieb genommen werden. Landesweit haben sich hierfür wie im Bergischen Land Trägergemeinschaften gebildet.