1.940 suchten Recht beim Arbeitsgericht

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1940 Akteneingänge hatten der Direktor des Arbeitsgerichts Iserlohn, Stefan Kröner, und seine Richterkolleginnen und -kollegen zu bearbeiten. Foto: Hendrik Klein

145 Urteile gesprochen – 1.322 Vergleiche geschlossen

Von Hendrik Klein

Der Weg in die Räume des Iserlohner Arbeitsgericht an der Erich-Nörrenberg-Straße ist immer noch beschwerlich. Der Aufzug ist seit Monaten defekt. Drei Stockwerke müssen sich Kläger, Beklagte, Anwälte, Richterinnen und Richter sowie die elf Beschäftigten hochquälen, um die Sitzungssäle oder ihre Büros zu erreichen. „Das hält fit, ist aber hoffentlich bald erledigt“, kommentiert der Direktor des Arbeitsgerichts Iserlohn, Stefan Kröner, beim Besuch der Redaktion.

1.940 Akten-Eingänge in 2023

An Besucherinnen und Besuchern hat es auch im vergangenen Jahr nicht gemangelt. 1.940 Akten-Eingänge verbuchte das Gericht im Jahr 2023. Nur unwesentlich mehr als im Jahr zuvor, als 1.932 Fälle notiert worden waren. „Die Zahl hält sich seit einigen Jahren auf demselben Niveau“, zitiert Stefan Kröner aus der Statistik. Früher waren es deutlich mehr Fälle, die der 53-Jährige und seine Richterinnen- und Richterkollegen zu bearbeiten hatten. In der Spitze waren es im Jahr 2019 stattliche 2.783.

Zugang zu den Arbeitsgerichten erleichtern

Warum das so ist, kann sich Stefan Kröner nur so erklären: „Vor Corona waren massenhaft Verfahren wegen der Stilllegung großer Unternehmen anhängig, beispielhaft sei hier nur DURA in Plettenberg erwähnt. Vielleicht liegt es auch daran, dass vor allem die Jüngeren nur schwer Zugang zu den Arbeitsgerichten finden.“ Was er damit meint? Die Handy- und E-Mail-Generation tut sich offenbar schwer mit den Formalien, etwa Klagen zu formulieren und rechtzeitig bei Gericht einzureichen. „Das erfordert Zeit, überfordert viele und kostet Geld, wenn man einen Anwalt beauftragt. Sprachbarrieren könnten weitere Gründe sein“, vermutet Stefan Kröner. „Was spricht dagegen, wenn man eine Klage einfach online einreichen könnte?“ Der 53-jährige Richter hofft, dass eine zu diesen Punkten angekündigte wissenschaftliche Untersuchung bald Klarheit bringt.

Gerichtstag in Lüdenscheid

Ob Kündigungsschutzklage, Klage gegen Abmahnungen, Zahlungsklagen, für ein besseres Zeugnis, Entscheidungen im Streit zwischen Betriebsräten und Arbeitgebern: über mangelnde Beschäftigung können sich die Juristinnen und Juristen am Arbeitsgericht Iserlohn nicht beklagen – weder in der Zentrale noch am Gerichtstag in Lüdenscheid. Fälle aus Halver, Herscheid, Kierspe, Lüdenscheid, Altena, Schalksmühle, Werdohl, Meinerzhagen und Plettenberg werden nämlich im Gebäude des Amtsgerichts am Dukatenweg in Lüdenscheid verhandelt. Klagen aus Iserlohn, Hemer, Menden, Balve, Neuenrade und Nachrodt-Wiblingwerde werden in Iserlohn entschieden.

145 Verfahren per Urteil entschieden

Apropos entschieden: Von den insgesamt 1.940 Fällen mussten lediglich 145 per Urteil streitig entschieden werden. Das sind lediglich knapp 7,5 Prozent. 1.322mal einigten sich die Parteien vor der Verhandlung, in der Güteverhandlung oder schlossen noch in der Kammersitzung einen Vergleich. Es gab auch Klage-Rücknahmen. Zwei Richter und drei Richterinnen sind dem Arbeitsgericht Iserlohn mit ihren jeweiligen Stellenanteilen zugeordnet, um den Arbeitsanfall bewältigen zu können. Den Juristinnen und Juristen ist aufgefallen, dass es Bereiche gibt, in denen kaum geklagt wird. „Beispielsweise bei Teilzeitbeschäftigten und Geringverdienern, obwohl für sie sie natürlich die gleichen Rechte gelten. Nur äußerst selten haben wir Verfahren aus dem Gastronomie-Bereich“, erklärt Stefan Kröner. Eine Hilfe im Arbeitsalltag ist die zunehmende Digitalisierung. Die elektronische Akte ist längst Standard am Arbeitsgericht. „Ich habe gar keine Papierakten mehr“, so der Direktor des Arbeitsgerichts.

Kammersitzung per Video

Der Einsatz von Elektronik hat aus seiner Sicht allerding auch Grenzen. Zwar hängen in den Sitzungssälen große Monitore, auf denen die Akten für jedermann sichtbar eingestellt werden können, aber die werden noch nicht genutzt. Eine Steigerung sind die Video-Verhandlungssäle, die im August/September vergangenen Jahres eingerichtet wurden. Sie werden von den Richtern aus den verschiedensten Gründen nur kaum genutzt. „Wenn ich ein persönliches Erscheinen anordne, dann möchte ich auch, dass alle Beteiligten vor Ort sind“, so Stefan Kröner. Und wenn sie dann kommen, sollte der Aufzug auch wieder in Betrieb sein.

wave.inc

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