Südwestfälische Industrie investiert vermehrt im Ausland

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Braucht entsprechende Rahmenbedingungen, um wettbewerbsfähig zu bleiben: die Industrie in Südwestfalen. Archivfoto: Hendrik Klein

Industrie- und Handelskammern warnen vor Deindustrialisierung

(EB). Die Investitionsneigung der südwestfälischen Industrie bricht vor Ort ein, gleichzeitig steigt die Bereitschaft, im Ausland zu investieren. Das zeigt eine aktuelle Befragung der drei IHKs Arnsberg, Hagen und Siegen unter 537 Industriebetrieben. Überdurchschnittlich hohe Energiekosten, schwierige wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen, Fachkräftemangel und hohe Arbeitskosten lassen die Unternehmen in eine unsichere Zukunft blicken.

Stellschrauben fals gestellt

Klaus Gräbener, Hauptgeschäftsführer der IHK Siegen, sieht wichtige wirtschaftspolitische Stellschrauben falsch gestellt: „Die Attraktivität des Industriestandortes Deutschland schwindet zusehends. Die steuerliche Belastung der Unternehmen hat ein unerträgliches Maß angenommen. Die Steuer- und Abgabenlast liegt deutlich über dem OECD-Durchschnitt. Das zeigt, wo wir hinmüssen, um wettbewerbsfähig zu bleiben.“ Viel werde über den Industriestandort Deutschland geredet, nicht aber darüber, was er braucht. Der Ausbau der Erneuerbaren Energien müsse endlich beschleunigt werden, dabei dürfe jedoch eine ausreichende Versorgung mit Gewerbeflächen nicht vergessen werden. Das Vertrauen in die Wirtschaftspolitik befinde sich auf einem Tiefststand: „Das Heizungsgesetz und die Diskussion hierüber haben tiefes Misstrauen hinterlassen.“

Nur 15 % wollen im Inland investieren

Dr. Ralf Geruschkat, Hauptgeschäftsführer der SIHK zu Hagen, verweist darauf, dass gerade einmal 15 % der Industrieunternehmen in den kommenden Monaten planen, ihre Investitionen im Inland zu erhöhen. Beinahe die Hälfte gehe von einem geringeren finanziellen Engagement am heimischen Standort aus. Gleichzeitig wachse die Zahl der im Ausland aktiven Betriebe, die dort vermehrt investieren wollten. „Viele nehmen dabei die USA in den Blick – nach der Eurozone die wichtigste Zielregion, wobei Europa in der Investitionsgunst verloren hat. Aufgrund deutlich attraktiverer Rahmenbedingungen und besserer Investitionsanreize im Ausland, insbesondere in den USA, werden die Unternehmen zu Investitionen außerhalb Deutschlands getrieben. Ein stiller Exodus zeichnet sich ab: Bereits jedes fünfte Industrieunternehmen befasst sich konkret mit einer Standort- oder Teilverlagerung. Die Gefahr einer Deindustrialisierung war selten größer.“

Kosteneinsparung größtes Motiv

Ein Drittel der Unternehmen nennt als Motiv seiner Auslandsinvestitionen Kostenersparnisse. Am häufigsten werden Energiekosten (76 %), Personalkosten (73 %), Bürokratieaufwand (54 %) sowie Steuern und Abgaben (48 %) genannt. Alarmierend ist, dass die Unternehmen genau bei den Produktionsfaktoren und Standortbedingungen Kosten sparen können, die am deutschen Standort als Risiken für die weitere geschäftliche Entwicklung dominieren.

Wirtschaft in der Breite entlasten

Jörg Nolte, Hauptgeschäftsführer der IHK Arnsberg: „Südwestfalen zieht seine Stärke aus der Industrie. Daher ist es geradezu existenziell, dass unsere produzierenden Unternehmen Rahmenbedingungen vorfinden, die sie zukunftsfest machen. Eine erfolgreiche Industriepolitik muss zu mehr Investitionen im Inland führen. Dazu gehört, die Wirtschaft in der Breite zu entlasten, statt immer wieder Einzelprojekte mit Milliarden zu fördern. Zudem gilt es, die bestehende Überregulierung endlich durchgreifend und umfassend abzubauen und zugleich klare politische Signale für mehr Investitionssicherheit zu setzen. Nur so lässt sich verlorenes Vertrauen zurückgewinnen. Dann lassen sich Wertschöpfung und Arbeitsplätze in Südwestfalen sichern.“Braucht entsprechende Rahmenbedingungen, um wettbewerbsfähig zu bleiben: die Industrie in Südwestfalen.




wave.inc

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