Wirtschaftliche Talfahrt hält an

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SIHK-Präsident Ralf Stoffels (links) und Hauptgeschäftsführer Dr. Ralf Geruschkat stellen die Ergebnisse der jüngsten Konjunkturumfrage vor. Foto: Hendrik Klein

SIHK stellt Ergebnisse ihrer Konjunkturumfrage vor

Von Hendrik Klein

Pessimismus ist nicht die Sache von Ralf Stoffels. „Ich bin von Haus aus optimistisch“, gesteht der Präsident der Südwestfälischen Industrie- und Handelskammer zu Hagen. Trotz der negativen Daten des aktuellen Konjunkturberichts der Kammer erklärte Stoffels, selbst Unternehmer, bei der Vorstellung der aktuellen Umfrage-Ergebnisse in Hagen: „Die Talsohle ist möglicherweise erreicht.“ Das zumindest hofft der SIHK-Präsident.

Fast 450 Unternehmen beteiligten sich

Die Umfrage lief vom 8. bis 19. Januar 2024. Fast 450 Unternehmen mit mehr als 55.000 Mitarbeitenden aus Industrie, Handel und Dienstleistungen im Märkischen Kreis, südlichen Ennepe-Ruhr-Kreis und der Stadt Hagen haben daran teilgenommen. Stoffels Optimismus wird genährt von der Tatsache, „dass die Auftragseingänge im Januar wieder gestiegen sind.“ Die Umfrage-Ergebnisse sprechen allerdings gegen seinen Optimismus. „Schwache Inlandsnachfrage und unkalkulierbare Wirtschaftspolitik lähmen südwestfälische Konjunktur“, fasst die SIHK ihren Bericht zusammen. Insgesamt verharre SIHK-Geschäftsklimaindex nach seinem Einbruch im vergangenen Herbst auf niedrigem Niveau, die Wirtschaftsflaute setze sich fort. Zum Jahresbeginn sank das Konjunkturklima auf 77 Punkte und liege damit weiterhin deutlich unter der Marke von 100 Punkten, ab der Optimismus überwiege.

Geschäftserwartungen verschlechtern sich weiter

Nur noch 14 Prozent der Betriebe melden zum Jahresbeginn 2024 eine gute, mehr als doppelt so viele eine schlechte Geschäftslage. Auch die Geschäftserwartungen verschlechtern sich weiter. Lediglich jedes zehnte Unternehmen geht für die kommenden Monate von einer Verbesserung der Geschäfte aus. Nie zuvor haben so viele Unternehmen in der Konjunkturumfrage der SIHK die Inlandsnachfrage (78 Prozent) und die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen (68 Prozent) als größte Risiken für die zukünftige Geschäftsentwicklung genannt.

Stimmung ist am Tiefpunkt

„Die Stimmung vieler Unternehmerinnen und Unternehmer ist aufgrund mangelhafter wirtschaftspolitischer Rahmenbedingungen am Tiefpunkt. Weder der Export – jedes dritte Industrieunternehmen rechnet mit sinkenden Exporten – noch die Inlandsnachfrage setzen Entwicklungsimpulse. Der Transformationsdruck macht staatliche Förderungen notwendig, doch diese sind immer wieder durch das Haushaltdefizit bedroht und werden zum Teil von heute auf morgen gekippt. Die daraus resultierende Unsicherheit ist Gift für die Konjunktur und vor allem für die Investitionspläne der Unternehmen. Dazu kommt in unserer Wirtschaftsregion ein beispielloses Infrastrukturchaos, das den Wirtschaftsstandort in seinen Grundfesten erschüttert“, fasst SIHK-Präsident Stoffels die wesentlichen Ergebnisse der Konjunkturumfrage zum Jahresbeginn 2024 zusammen.

Sorge vor einer „Dunkel-Flaute“

Zwei große Sorgen treiben die heimischen Unternehmen an – die Kostenstruktur für Löhne und Krankenversicherung sowie die dauerhafte Verfügbarkeit von bezahlbarer Energie. Ralf Stoffels: „Es ist ein positives Signal der Ampel-Koalition, auf die Steuerbelastung der Unternehmen zu schauen. Die Industrie wartet nicht, sie handelt.“ Damit meint der SIHK-Präsident die Verlagerung von Produktionen ins kostengünstige Ausland. Steht in Zukunft überhaupt noch genügend Energie zur Verfügung, oder droht die „Dunkel-Flaute“, fragten sich die Unternehmer. Er sei deshalb froh über die neue Kraftwerksstrategie der Bundesregierung. „Aber die muss noch nachgebessert werden.“

Investitionstätigkeit rückläufig

SIHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Ralf Geruschkat ergänzt: „Insbesondere die zurückgehende Investitionstätigkeit in der Region macht mir große Sorgen für die Zukunft. Über alle Branchen hinweg planen 44 Prozent der Betriebe mit geringeren Investitionsbudgets in der Zukunft, nur noch 18 Prozent planen mehr Investitionen als zuvor. Top-Investitionsmotiv ist der Ersatzbedarf, den 70 Prozent der Unternehmen nennen. Nur jedes zehnte Unternehmen plant Erweiterungsinvestitionen. In Innovationen will nur jedes dritte, in Umweltschutz nur jedes vierte Unternehmen investieren. Der wirtschaftspolitische Regulierungseifer muss ein Ende finden, stattdessen braucht es eine Agenda des Wachstums und des Vertrauens in die Innovationsfähigkeit der Unternehmen. Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, Hinweisgeberschutzgesetz und unzählige weitere Pflichten und Vorgaben bremsen die Unternehmen kontinuierlich aus.“

Aufruf zur Europawahl zu gehen

Mit Blick auf die anstehenden Wahlen zum EU-Parlament am 9. Juni wirbt Stoffels, der zuletzt auch an der Demo für die Demokratie in seiner Heimatstadt Schwelm teilgenommen hat, trotz berechtigter Kritik an einzelnen Initiativen, für ein starkes Europa. „Auch wenn die regionale Wirtschaft Initiativen wie die EU-Lieferkettenrichtlinie oder den überbürokratisierten CO2-Grenzausgleich CBAM mehr als kritisch einschätzt: Europa ist und bleibt die Grundlage unseres wirtschaftlichen Wohlstands. Es braucht eine konsequente europäische Außenpolitik und Sicherheitsarchitektur, um in unsicheren Zeiten Frieden und Wohlstand zu sichern. Deshalb sollten wir alle die Chance wahrnehmen, am 9. Juni Europa unsere Stimme zu geben“, appelliert SIHK-Präsident Ralf Stoffels.

wave.inc

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